Entscheidungen.
Der Frühling, so schrieb ich neulich, macht mich anscheinend ein wenig sentimental. Und tatsächlich führt dieser Frühling und die Hitze und allerlei Seltsames dazu, dass ich nachdenklich inmitten von lauter attraktiven Männern sitze und gedanklich ganz woanders bin. Der Bratschist aus Paris prostet mir zu und ich denke darüber nach, wie unfassbar schön er ist, aber dann denke ich darüber nach, dass er schon so schön ist, dass ich ihn maximal küssen könnte, aber mehr nicht, sonst käme ich mir vor, als würde ich seine jugendliche Schönheit mit meinen schmutzigen Gedanken zerstören. Der junge Komponist flirtet mit mir und ich denke nach, dass er eigentlich auch nur sehr erfolglos ist, und was ich darüber denke, dass Männer zu ihrer Erfolglosigkeit selten selbstbewusst stehen können, sondern meistens nur wie schlechte Verlierer dastehen. Und dann wird mir erzählt, welche früheren Schulkameradinnen nun schon das zweite oder dritte Kind bekommen, und dass sie immer noch oder nun wieder in dem alten Kaff sind, und sie sehen es als den richtigen Weg und ich sitze abends rauchend alleine unter dem Sternenhimmel und frage mich, wie zur Hölle man sich für Kinder, Dorf und Erfolglosigkeit entscheiden kann, und warum alle Männer auch noch auf so eine Schwäche zu stehen scheinen. Mein Dogmatismus kommt mir zwar seltsam einseitig vor, aber eine andere Perspektive scheint mir dann doch zu weit hergeholt.