Energielosigkeit.
Krankheit. Krankheit und Sterben. Sterben und Tod. Tod.
Der alte Mann ist dement geworden. Zur Hälfte habe ich meine Kindheit bei ihm verbracht. Nun sitzt er zuhause und sagt: Ich will heim., fragt, wer im oberen Stockwerk wohnt, scheint plötzlich erschreckt und sagt: Warum sind Flüchtlinge in meinem Wohnzimmer? Natürlich sind keine Flüchtlinge in seinem Wohnzimmer, sondern nur Chaos in seinem Kopf. Ein Loch in seinem Herz, das noch zwanzig Prozent Leistung hat. Er wird sterben, in den nächsten Tagen.
Ich bin viele hundert Kilometer weg. Ich kann nichts machen. Meine Mutter ruft immer wieder an und lässt sich von mir trösten, weil sie immer die Nerven verliert und ich sie immer behalte, und weil wir so ein eingespieltes Team damit sind, dass sie panisch und weinend anruft und ich ruhig und rational die Realität erkläre, behalten wir es weiter so bei, und erst nachdem wir auflegen, lehne ich mich an den Mann und weine.

Viel Zeit dafür ist nicht. Die Arbeit fordert ihren Tribut und vor lauter Selbstdisziplin und Pragmatismus glaube ich manchmal, dass ich nicht einmal irgendwann zusammenbrechen oder aufgeben könnte, wenn ich es wollte, einfach, weil ich gar nicht weiß, wie es geht. Der Mann sagt: Du schaffst das schon., und ich sage: Naja, es gibt ja auch keine Alternative.




schreibwut am 12.Mai 20  |  Permalink
Danke für die Willkommensparade :)

Wenn man so stark ist, dann ist man es immer und komischerweise findet man Niemanden, der stärker als man selbst ist, damit man einfach mal kurz aufhören kann zu funktionieren..