Unklarheit.
Es gibt viele gute Tage. An diesen denke ich, alles ist perfekt. Ich schwebe auf Wolke Sieben, kann gar nicht glauben, wie gut und schön alles sein kann.
Und es gibt dunkle Tage. So wie heute.
Da frage ich mich, ob wir uns wirklich was zu sagen haben, wenn wir wieder so schweigend nebeneinander im Auto oder abends auf der Couch sitzen. Filme schauen, weil wir eigentlich gar nicht wissen, was wir miteinander reden sollen.
Da frage ich mich, ob wir wirklich etwas gemeinsam haben, wenn er diese merkwürdige Musik hört, oder Dinge mag, die ich nicht ausstehen kann.
Da frage ich mich, ob es das ist, was ich wollte. Ob ich auf Dauer im Grünen am - für mich - Ende der Welt, statt am Puls der Zeit leben kann. Alleine wäre ich hier sicher nicht. Ist es das Leben, das ich wollte und will, oder nicht?
An Tagen wie heute weiß ich keine Antwort.
Ungewohnt.
Ich dachte, es lässt nach. Ich dachte, es lässt nach und irgendwann merke ich, dass ich der nächsten Illusion aufsitze. Stattdessen wird es besser, vertrauter, noch einfacher, und dabei war es doch von Anfang an so einfach. Ich denke die ganze Zeit, jetzt kommt bestimmt gleich der Punkt, an dem es verkorkst wird, aber der Punkt kommt nicht.
Ist das Liebe?
colchicum autumnale am 28. Dezember 18
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Neuland.
Totale Verwirrung. Ist das Glück? Liebe auf den ersten Blick?
Ich, die Bindungsängstliche, die sich freut, wenn er fünf Tage nach dem Kennenlernen von mir als "seiner Frau" schreibt; die noch nicht einmal weg ist, und schon fragt: Wann sehen wir uns wieder? Die ihm minutenlang verliebt in die Augen starrt, wo ich doch sonst einen regelrechten Ekel vor diesen Dingen verspüre.
Es ist alles so anders, alles so: unkompliziert. Einfach. Selbstverständlich.
colchicum autumnale am 09. Dezember 18
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Abrechnung.
Mit der Zeit entwickle ich ja in anstrengenden Phasen immer einen gewissen Sarkasmus. So auch jetzt. Mir schwebt vor, Buch zu führen, über die Männer. Da fällt mir auch direkt eine Aufstellung meiner negativen Top 4 ein:
Der Schauspieler
Dick, bärtig und irgendwie ungepflegt wanzt er sich auf einer Kellerparty an mich heran, fasst mir unter die Bluse und sagt dann, er sei aber vergeben. Als ich sage, dass ich ihn ja nicht heiraten will, aber wohl mit ihm nachhause gehen würde, ist er völlig paralysiert, wirft mir "wilde", in Wahrheit ziemlich alberne Blicke zu und zerrt mich in seine Wohnung, wo er dann aber aus lauter Überforderung gar nicht kann.
Der Bühnenbildner
Ziemlich unscheinbar wundert es mich, als er mich angräbt, um mit mir auszugehen. In der Stadt, in der er seit 10 Jahren wohnt, kennt er allerdings kein einziges Lokal. Als ich eines bestimme, setzt er sich ans andere Ende des Tischs und erzählt mir vier Stunden, dass sein Leben langweilig ist und er eigentlich nichts macht. Als ich kein zweites Date will, stalkt er mich und veranstaltet Psychoterror. Nach einer Ansage meinerseits traut er sich nicht mehr "Hallo" zu sagen.
Der Lehrer
Der Lehrer ist deutlich älter, nicht sehr attraktiv und dazu auch noch unsicher. Ein junges Date will er offenbar nicht wegen der körperlichen Attraktivität, sondern vermutlich, weil er schlecht mit seinen Schülerinnen schlafen kann, es aber offensichtlich gerne würde. Nachdem ich ihm zu wenig mädchenhaft bin, strengt er sich zwar an, aber für uns beide ist das Rauchen und Rotweintrinken im Bett danach vermutlich der angenehmere Teil des Abends.
Der Anzeigenmann
Hübsch, dreiundvierzig, Typ Geschäftsmann., schrieb er und als er dann das Restaurant betritt, denke ich: Nein. Nicht hübsch. Definitiv nicht dreiundvierzig. Und Typ Geschäftsmann nur in seinen Träumen. Der Sex ist gar nicht mal so schlecht, aber von seinem Geruch wird mir übel. Als er mir danach in die Augen sieht und Liebesgesäusel vorschwärmt, ist mir endgültig schlecht und ich gehe.
colchicum autumnale am 03. Dezember 18
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Nostalgie.
Nun fühle ich mich langsam wieder wie mit Anfang Zwanzig, als ich von einer Sache in die nächste gerutscht bin, oft noch parallel hier den einen und nachts im Club den anderen. Nur gefällt es mir nicht mehr.
Ich sehne mich nach dem Ankommen. Das klingt so albern, so nach Bausparvertrag, nach Reihenhaus, nach Einbauküche, aber so meine ich das gar nicht. Ich will meine Unabhängigkeit und meine Freiheit, aber mit jemandem, der auch mal da ist, wenn ich ihn brauche, jemandem, der sich an eine Absprache hält, und vor allem mit jemandem, der sich nicht von meiner Fassade blenden lässt und mir wieder diese Sätze von selbstbewusst und stark vorbetet, wo ich eigentlich nur müde bin und auf der Suche nach einem Ort, wo ich mich vor mir und der Welt erholen kann.
colchicum autumnale am 30. November 18
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Reflexion.
Nun stehe ich wieder einmal vor meinem aufgewühlten Leben und weiß nicht, ob ich richtig daran getan habe, es so aufzubrechen. Die letzten Jahre waren ruhig - das ist die positive Interpretation. Gefühllos. Langweilig. Frustrierend. So, dass ich mich völlig in mich selbst zurückgezogen habe, die emotionalen und sensiblen Teil abgeschnitten und abgekapselt habe. Keine Leidenschaft, keine Liebe, keine Zärtlichkeit.
Aber eben auch kein Drama, kein Schmerz, keine Unsicherheiten.
Jetzt ist alles wieder wie auf offener See und ich habe die ganze Zeit das Gefühl, über Bord zu gehen und zu ertrinken und frage mich, ob es wirklich so richtig war, die friedliche und stille Insel meiner Einsamkeit zu verlassen.
colchicum autumnale am 25. November 18
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Zukunft.
Er ist alt geworden. Alt und hässlich.
Vor ein paar Jahren noch hatten wir Kontakt, er beschwerte sich damals, dass ihn die Frauen meiden würden, weil er so gebildet sei und sie Angst vor seinem Intellekt hätten. Ich hatte keine Angst vor seinem Intellekt, aber seine Besserwisserei ging auch mir irgendwann auf den Nerv.
Inzwischen ist er alt geworden und hässlich, der Zahn der Zeit nagt eben an uns allen.
colchicum autumnale am 09. November 18
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Resüme.
Die Nacht ist ein komischer Ort.
In ihr wächst meine Sehnsucht nach Körperlichkeit ins Unermessliche. In ihr trinke ich immer zu viel. Und ich rauche, aber immer nur nachts, und sehe dem Rauch hinterher, den ich gen Sternenhimmel puste.
In ihr sehen alle Männer besser aus. Auch du bist einer von ihnen. Nachts verfalle ich dir immer, versinke in deinem Blick, in deinen Augen. Am Tag drehe ich mich weg und sehe dich nicht an.
Auch gestern sah ich niemanden an, manchmal fing ich einen Blick auf, aber jeder Blick erinnert mich an dich und ich wollte an dich nicht denken, nicht nachts zumindest, also sah ich weg und ging mit zuviel Alkohol im Blut und zuviel Tabak in der Lunge nach Hause.
Sie ist ein komischer Ort, die Nacht.
Herbst.
Zuviel Kopfschmerz, dem auch mit Schmerzmitteln nicht beizukommen ist. Ich laufe also frühmorgens los, manchmal hilft es, an der Luft, und laufe querfeldein, von der Bahn aus über die Herbstwiesen. Hunde bellen, die Morgenjogger sind unterwegs, das Herbstlaub knistert unter meinen Füßen. Ich denke nach, an dich, an ihn, ich denke über mich nach und darüber, was ich eigentlich will. Je länger ich dabei an dich denke, frage ich mich, ob, obwohl ich immer behauptet habe, ich hätte keinen Vaterkomplex, ich nicht doch eigentlich einen habe, und ob ich nicht doch die ganze Zeit nach jemandem suche, der einfach für mich sorgt und auf mich aufpasst. Allein diesen Gedanken zu denken, ruft direkt die Verachtung für das Zugeben meiner Schwäche hervor, aber ich schiebe sie weg, wie die Schwäche selbst, und vielleicht auch wie den Gedanken an dich.
Im Hintergrund geht die Sonne auf.
colchicum autumnale am 02. November 18
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Vertan.
Der Mann steigt im Anzug aus der Bahn aus, er kontrolliert, ob an der Endhaltestelle auch alle Fahrgäste ausgestiegen sind. Er steigt also aus der Bahn aus und sieht mich, die auf der Bank sitzt, an und bleibt stehen. Er starrt mich an, besinnt sich dann doch, während ich ihn prüfend von oben bis unten mustere. Er hält den Blickkontakt, bis er in den hinteren Waggon steigt und ich denke mir, nun müsste er gleich nochmal an mir vorbeilaufen, wenn er wieder zurückmuss, und tatsächlich tut er es, mit Blickkontakt, er fängt wieder meinen musternden Blick auf und lächelt, ich lächle nicht, aber ich denke mir, dass er eigentlich recht attraktiv ist und so sehe ich ihm nachdenklich hinterher.